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[Raum abdunkeln.]
[Massive Attack Heat Miser einblenden, stehenlassen.]
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Sprecherin 2:
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Norbert Wiener und die Kybernetik. Ein Audio-Feature von der Hörspiel-Werkstatt der Humboldt-Universität zu Berlin.
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Erste Szene: Cybernetics
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[Musik schnell ausblenden.]
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Zitator:
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Das ist das Faszinierende an der Kybernetik: Man fragt ein paar Leute nach einer Definition - und erfährt sehr wenig über die Kybernetik, aber eine Menge über den Definierenden, sein Spezialgebiet, seinen Bezug zur Welt.
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Sprecher:
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Heinz von Foerster
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[Alle nacheinander beginnend, jedoch ineinander sprechend, dabei die hervorgehobenen Begriffe besonders betonend.]
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Sprecher:
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Die Kybernetik ist ein Zweig der Mathematik, der sich mit den Problemen der
Steuerung, der
Rekursivität und der
Information befaßt.
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Sprecherin 1:
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Ausgehend von den Prinzipien der
Rückkopplung und der
Kommunikation, studiert die Kybernetik die
Interaktionen zwischen
Mensch und
Maschine.
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Zitator:
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Die Kybernetik ist eine Wissenschaft zur Lösung von komplexen Problemen in
Industrie,
Wirtschaft und
Gesellschaft.
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Sprecher:
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Kybernetik untersucht alle regelgeleiteten und
reproduzierbaren Phänomene in Unabhängigkeit ihres Materials.
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Sprecherin 2:
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Das Konzept der Kybernetik leitet die
Zusammenführung der verschiedenen Wissenschaften ein.
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[Ende ineinander sprechend.]
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Zitator:
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Kybernetik ist der Versuch, eine Einheit des Wissens zu schaffen.
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[Kurze Pause.]
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Sprecherin 1:
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Stafford Beer wurde in einem Interview nach der Definition der Kybernetik gefragt. Er verweigerte die Antwort und sagte nur:
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O-Zitator:
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People want ten words - you can't say it.
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Sprecherin 2:
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Im
Larousse, der großen französischen Enzyklopädie, findet man unter dem Stichwort
cybernetique:
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Zitator:
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Wissenschaft, die es einem Menschen erlaubt, Steuerungsakte zu setzen, um im Rahmen der Möglichkeiten der modernen Technik bestimmte Ziele zu erreichen.
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Sprecherin 2:
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Kybernetik leitet sich vom griechischen Wort
kybernetes ab und bedeutet Steuermannskunst. Es erweist sich, daß die Wurzeln des Wortes in der griechischen Antike liegen. In mehreren Dialogen Platons wird der Ausdruck verwendet sowie auch in den Schriften des Griechen Plutarch. Dieser bezeichnet den Lotsen eines Schiffes mit dem Wort
kybernetes. In der Kirchenterminologie taucht das Wort
kybernesis auf, das als Leitung des Kirchenamtes verstanden wird. Später wurde im lateinischen daraus der Begriff
gubernator und im englischen
governor.
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Sprecherin 1:
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Der Mathematiker Norbert Wiener verlieh dem Wort 1948 mit dem Titel seines mathematisch und philosophisch ausgerichteten Buches
Cybernetics die Bedeutung im modernen Kontext. Natürlich war er sich der antiken Herkunft und Bedeutung des Begriffes bewußt. Wiener hatte ein neutrales Wort für den Titel gesucht, das keiner Disziplin zugeordnet war. Es bereitete ihm einiges Kopfzerbrechen:
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Zitator:
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Ich suchte zuerst nach einem griechischen Wort, das Bote bedeutete, kannte aber nur
angelos. Das hat aber im Englischen die spezifische Bedeutung von Engel, Gottesbote und war damit vergeben. Dann suchte ich ein passendes Wort aus dem Gebiet der Steuerung und Regelung. Das einzige Wort, das mir einfiel, war das griechische Wort für Steuermann,
kybernetes. Ich bildete daraus das Wort Kybernetik.
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Sprecherin 2:
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Sein Buch
Cybernetics gilt als der Höhepunkt der wissenschaftlichen Karriere des Mathematikers. Er hatte als erster eine Definition und Theorie für die neue Wissenschaft gefunden. Wiener machte den Begriff zum terminus technicus für den Problemkreis der Regelung und Informationsverarbeitung in technischen und organischen Systemen. Wiener schreibt in seinem Buch:
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Zitator:
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Wir haben beschlossen, das gesamte Gebiet der Regelungstechnik und der Informationstheorie, ob bei Maschine oder Lebewesen, mit dem Namen Kybernetik zu belegen.
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Sprecherin 1:
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Er arbeitete die Kernfrage der Kybernetik heraus: Wie kann Komplexität begriffen und bewältigt werden? Er rückte in seinem Buch eine ganz bestimmte Gruppe von Geschehensabläufen, nämlich solche, die durch Rückkopplung gekennzeichnet sind, in das Bewußtsein der Fachwelt. Wieners Biograph Hans Joachim Ilgauds schrieb, das Werk sei..
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Zitator:
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..der Höhepunkt einer seit vielen Jahrhunderten ablaufenden Entwicklung, Analogiebetrachtungen über Lebewesen, Automaten und Maschinen anzustellen.
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Sprecherin 1:
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Es folgten später weitere Arbeiten zur sozialen und politischen Bedeutung der Kybernetik. Darin verwies Wiener insbesondere darauf, daß die neuen Techniken politisch nicht mißbraucht werden dürften. Aber wer war der Mann, der in den darauffolgenden Jahren durch sein Buch als der "Vater der Kybernetik" einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde?
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[Musik: Mike Oldfield
Tubular Bells einblenden, stehenlassen und im nächsten Abschnitt schnell ausblenden.]
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Zweite Szene: Child Prodigy
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Sprecher:
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Norbert Wiener wurde am 26. November 1894 in der Universitätsstadt Columbia im Bundesstaat Missouri geboren. Seine Biographie beginnt jedoch bereits vor seiner Geburt mit einer von seinem Vater einberufenen Pressekonferenz. Hier verkündete dieser, er werde das Kind durch forciertes Bücherlesen zu einem Genie machen.
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Sprecherin 2:
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Sein Vater Leo Wiener war ein 1862 in Polen geborener Jude, Sohn eines Lehrers und Schriftstellers. Er hatte in Warschau Medizin und in Berlin Ingenieurwesen studiert. Er emigrierte 1880 als junger Mann nach New Orleans. Der politisch linksgerichtete Einwanderer fand nach einiger Zeit eine Anstellung als Professor für französische und deutsche Sprache an der Universität von Missouri. 1893 heiratete er dort die deutsche Jüdin Bertha Kahn, die Tochter eines Kaufmanns. Ein Jahr darauf wird ihr erster Sohn Norbert geboren.
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Sprecher:
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Entsprechend seiner Ankündigung ließ der Vater seinen Sohn ab der Vollendung seines ersten Lebensjahres häuslich unterrichten. Schon als dreijähriges Kind konnte Norbert lesen und schreiben. Entsprechend den Wünschen des linguistisch außerordentlich begabten Vaters, wurde er von frühster Jugend an mit vielen Sprachen aufgezogen.
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Sprecherin 1:
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Als sein Vater seine Stellung verlor, zog die Familie nach Boston. Dort erhielt Leo Wiener später eine Professur für slawische Sprachen an der Harvard Universität, die er bis zu seiner Emeritierung innehatte. Die Familie bekam zwei Töchter sowie einen weiteren Sohn. Wie Norbert erhielten auch seine Schwestern und sein Bruder von frühester Jugend an häuslichen Unterricht.
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Sprecherin 2:
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Leo Wiener unterrichtete Norbert insbesondere in Sprachen, Literatur und Mathematik. Aus seinem Sohn wurde das Wunderkind, das der Vater hatte formen wollen. In seinem sehr persönlichen, autobiographischen Buch
Ex-Prodigy: My Childhood and Youth erinnert sich Norbert Wiener an seine Jugend:
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Zitator:
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Der Unterricht begann in lockerem Umgangston. Das dauerte so lange, bis ich den ersten mathematischen Fehler machte. Dann verschwand der sanfte und liebende Vater und an seine Stelle trat der Bluträcher. Die erste Warnung, die er mir von meiner unbewußten Schandtat gab, war ein sehr scharfes und aspiriertes "Was?"... Zu diesem Zeitpunkt weinte ich bereits und war völlig verschreckt... Meine Stunden endeten in einem Familienkrach. Vater tobte, ich weinte, und meine Mutter tat ihr bestes, mich zu verteidigen, doch sie stand auf verlorenem Posten. Manchmal wies sie darauf hin, daß der Krach die Nachbarn störte und sie sich an der Tür beschwert hätten.
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Sprecherin 1:
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Durch die große Menge an Büchern, die der junge Wiener las, bekam er mehr und mehr Probleme mit seiner Sehkraft. Ein Doktor verordnete ihm für ein halbes Jahr Leseverbot. 1903, als 9-Jähriger, begann er in einer Klasse der High School unter 16-Jährigen zu lernen. Seine sozialen Fähigkeiten waren weniger weit entwickelt als sein Intellekt. Der junge Schüler galt als unbeholfen, trottelig und tolpatschig, wurde aber freundlich aufgenommen und umsorgt. Die Schule absolvierte er 1906 mit nur 11 Jahren. Er schrieb später über seine Zeit an der Ayer High School:
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O-Zitator:
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I owe a great deal to my Ayer friends. I was given a chance to go through some of the gawkiest stages of growing up in an atmosphere of sympathy and understanding.
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Sprecher:
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Norbert Wiener begann am Tufts College in Medford Biologie und Mathematik zu studieren. Als 12-Jähriger unter Erwachsenen war diese Zeit für ihn schwierig und wenig harmonisch. Er war unsicher und sozial kaum integriert. Er selbst gab zu:
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O-Zitator:
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I was a collection of all kinds of neuroses and psychological hang-ups.
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Sprecher:
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Dennoch waren seine Leistungen exzellent. Er erhielt im Alter von 14 Jahren den Bakkalaureus der Mathematik. Als 16-Jähriger unterrichtete er dann bereits ältere Studenten.
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Sprecherin 2:
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Er entschied sich gegen den Willen des dominanten Vaters zu einem Studium der Zoologie an der Graduate School in Harvard. Schon nach kurzer Zeit wechselte er zur Philosophie. Da er ein Stipendium an der Universität Cornell erhalten hatte, nahm er dort 1910 ein Studium der Philosophie und Mathematik auf. Nach einem wenig erfolgreichen Jahr arrangierte sein Vater die Rückkehr nach Harvard. Dort führte er sein Studium fort. Der Unterricht in mathematischer Philosophie bei Edward Huntington, einem berühmten Wissenschaftler seiner Zeit, beeindruckte ihn sehr. Mit 18 Jahren promovierte Norbert Wiener in Harvard mit einer Dissertationsschrift in Logik.
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Sprecherin 1:
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Der junge, ambitionierte Akademiker ging nach seiner Promotion mit einem Forschungsstipendium nach England. Er wollte in Cambridge bei den Mathematikern Bertrand Russell und Godfrey Harold Hardy studieren. Mit Russells Unterricht war er, entgegen seinen Erwartungen, anfangs nicht sehr zufrieden. 1913 schrieb Bertrand Russell über seinen Schüler Norbert Wiener in einem Brief an eine befreundete Professorin:
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Zitator:
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Er ist ein Wunderkind namens Wiener, in Harvard promoviert, 18 Jahre alt... Dem Jungen ist zuviel geschmeichelt worden, und er hält sich nun für Gott den Allmächtigen - es herrscht ein ständiger Wettstreit zwischen ihm und mir, wer eigentlich unterrichten soll.
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Sprecherin 2:
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In seinem zweiten Semester 1914 verließ Wiener England, um zu dem berühmten Mathematiker David Hilbert nach Göttingen zu gehen. Trotz der beständigen Machtkämpfe mit seinem Lehrer Russell kehrte er einige Jahre später für weitere Studien nach England zurück. Wiener sagte viele Jahre danach:
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O-Zitator:
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I am myself a former student of Russell and owe much to his influence.
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Sprecher:
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Eine Rückkehr nach Cambridge war ihm aufgrund des beginnenden Ersten Weltkrieges nicht möglich. Wenige Tage vor dem Ausbruch des Krieges reiste Norbert Wiener zurück in die USA. Er wollte sich freiwillig zum Militärdienst melden. Dies wurde jedoch aufgrund seiner schlechten Sehstärke abgelehnt. Also begann er 1915 in Harvard Philosophie zu unterrichten. In den darauffolgenden zwei Jahren lehrte er dann an der Universität von Maine.
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[Musik: Massive Attack
Everywhen einblenden, stehenlassen und im nächsten Abschnitt langsam ausblenden.]
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Dritte Szene: I am a Mathematician
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Sprecherin 1:
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Unsicher über die Richtung, die sein Leben nehmen sollte, versuchte sich der universell begabte
Akademiker nach seiner Rückkehr in die USA in verschiedenen Berufen. Er nahm eine Anstellung
als Ingenieur bei General Electric an und arbeitete auch als Autor bei der Encyclopedia Americana
in Albany, New York. Bis 1919 schrieb er dann als Journalist für den Boston Herald. All diese
Tätigkeiten befriedigten den jungen Mann wenig, er war unglücklich und suchte nach neuen
Herausforderungen.
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Sprecher:
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Während dieser Zeit erhielt er eine Einladung des Mathematikers Oswald Veblen nach Maryland in
die weltweit führende Institution auf dem Gebiet der Artillerieballistik. Der junge Wissenschaftler
fand dort eine Anstellung in Aberdeen Proving Ground, einer Versuchsanlage der US-Armee. Er
schrieb an seinen Vater:
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Zitator:
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Es ist nicht so, daß ich mit meiner Arbeit unzufrieden wäre oder daß ich besonders viel für eine
militärische Karriere übrig hätte, aber ich will nicht weniger von mir selbst halten als von jenen
meiner Freunde, die bei der Armee sind. Und ich möchte mich nach dem Krieg nicht selbst als
Drückeberger sehen. Ich würde mich nur schämen, wenn ich einen Krieg befürworte, an dem ich
nicht teilnehme.
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Sprecherin 1:
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Erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges verließ Wiener Maryland. Sein Interesse für die
Mathematik war dort von Neuem entfacht worden. So begann er im Jahr 1919 als Mathematiker in
Cambridge am MIT zu arbeiten. Seit er 1929 dort zum Professor für Mathematik berufen wurde,
zählte er zu den berühmtesten Wissenschaftlern der Hochschule. Wiener sagte, im Gegensatz zu
Harvard habe ihn das MIT..
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Zitator:
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..in meiner Arbeit unterstützt und mir die Freiheit zu denken gegeben.
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Sprecherin 1:
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Einer seiner bekanntesten Schüler dort war Claude Elwood Shannon, der Begründer der modernen
Informationstheorie. Wiener förderte viele seiner Studenten auch privat nach Kräften. Norman
Levinson, später selbst ein bekannter Mathematiker, erinnert sich an seinen Lehrer:
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O-Zitator:
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He was a most stimulating teacher. He would actually carry on his research at the blackboard... He
then went to visit my parents, unschooled immigrant working people living in a run-down ghetto
community, to assure them about my future in mathematics. He came to see them a number of
times during the next five years to reassure them until he finally found a permanent position for
me.
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Sprecher:
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Der strikte Vegetarier Wiener galt als brillant, aber sensibel und exzentrisch. Über 40 Jahre, bis zu
seinem Lebensende, sollte er dem MIT verbunden bleiben. Der Mathematiker Hans Freudenthal
beschrieb die einzigartige Persönlichkeit des jugendlich und manchmal unbeholfen wirkenden,
aber charismatischen Norbert Wiener so:
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O-Zitator:
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In appearance and behavior, Norbert Wiener was a baroque figure, short, rotund, and myoptic,
combining these and many qualities in extreme degree. His conversation was a curios mixture of
pomposity and wantonness. He was a poor listener. His self-praise was playful, convincing and
never offensive. He spoke many languages but was not easy to understand in any of them.
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Sprecherin 2:
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1926 heiratete Norbert Wiener, wie von seinen Eltern erhofft, Margaret Engelmann. Die junge
Familie bekam zwei Töchter. In den darauffolgenden Jahren bereiste das Ehepaar gemeinsam
Europa, wo sich Wiener mit vielen Wissenschaftlern austauschte, unter ihnen so namhafte wie Max
Born oder Kurt Gödel. Er empfand diesen wissenschaftlichen Austausch mit seinen Kollegen als
sehr inspirierend. Nicht nur in Europa traf er sich mit Mathematikern und Philosophen, der fließend
chinesisch sprechende Wiener lehrte auch ein Jahr lang an der Universität von Peking.
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Sprecherin 1:
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Norbert Wiener war nicht nur ein Mathematiker, er war auch einer der produktivsten und
kreativsten Vertreter dieser Wissenschaft im 20. Jahrhundert und zugleich der berühmteste, den
die USA hervorgebracht haben. Seine Qualitäten als Lehrender waren jedoch manchmal
zweifelhaft. Ein Kollege erinnert sich:
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O-Zitator:
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Wiener was a man of many moods, and these were reflected in his lectures, which ranged from
among the worst to the very best I have ever heard. Sometimes he would lull his audience to sleep
or get lost in his own computations - his performance in Göttingen was notoriously bad. But on
other occasions I have seen him hold a group of colleagues and executives at breathless attention
while he set forth his ideas in truly brilliant fashion.
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Sprecherin 2:
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|
Schon als junger Mathematiker hatte sich Wiener mit einer Erscheinung befaßt, die unter dem
Namen Brownsche Bewegung auch bei Nichtphysikern bekannt ist. Albert Einstein und andere
Physiker hatten sich bereits zuvor mit der Deutung dieses Phänomens auseinandergesetzt.
Durch seine Veröffentlichungen zur Brownschen Bewegung wie auch zur Fourieranalyse galt
Wiener bereits seit Mitte der 30er Jahre als eminenter Mathematiker. 1933 erhielt er für seine
zwei Jahre zuvor veröffentlichten Arbeiten zum Tauber Theorem den Bôcher-Preis der American
Mathematical Society. Der Preis ist die höchste Auszeichnung der mathematischen Gesellschaft
und wird nur alle 5 Jahre vergeben.
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Sprecher:
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Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete Wiener für die amerikanische Luftwaffe an
Flugabwehrmethoden. Da die Berechnung der Flugbahnen von Raketen ein schwieriges
mathematisches Problem darstellt, riefen die Mathematiker der Air Force Norbert Wiener am MIT
an und fragten, ob er ihnen helfen könne. Sie vereinbarten, das Gespräch mit einem Rekorder
aufzuzeichnen. Der Physiker und Philosoph Heinz von Foerster erinnert sich so:
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Zitator:
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Wiener beginnt zu reden; er redet eine Stunde. Dann sagen die: "Warten Sie einen Moment! Wir
müssen das Band wechseln." Wiener redet eine zweite Stunde... Er redet sechs Stunden. Daraus ist
das berühmte Buch Extrapolation, Interpolation, and Smoothing of Stationery Time Series
entstanden. Das hat Wiener aus dem Kopf heraus über Telefon diktiert.
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Sprecher:
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Durch seine Forschungen für die Air Force wuchs sein Interesse an automatischer Berechnung und
an der Rückkopplungstheorie. In den späten 30er Jahren hatte er außerdem begonnen, sich mit
dem Gedächtnis einer Maschine und deren Lernfähigkeit auseinanderzusetzen. So rief er nach dem
Zweiten Weltkrieg ein Forschungsseminar aus Wissenschaftlern und Ingenieuren zusammen, die
sich wie er für interdisziplinäre Forschungen interessierten. Wiener wollte herausfinden, welche
Gemeinsamkeiten die Biologie und Psychologie mit der Mathematik und Ingenieurskunst
aufwiesen. Wiener schrieb in seiner Autobiographie Mathematik - mein Leben:
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Zitator:
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Ich glaube, diese Tagung kann wohl als der Geburtstag der neuen Wissenschaft der Kybernetik
gelten.
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Sprecherin 1:
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Unter den Teilnehmern waren auch der Neurophysiologe Warren McCulloch und der Mathematiker
Walter Pitts, mit denen er in Zukunft zusammenarbeiten wollte. Das Forschungsseminar gab viele
Anregungen und bestärkte Wiener darin, seine Ideen zu publizieren. 1948 erschien Cybernetics.
Das Buch wurde zum modernen Klassiker der Wissenschaftsliteratur.
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[Musik: Portishead Sheared Box einblenden, stehenlassen, im nächsten Absatz ganz langsam ausblenden.]
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Vierte Szene: Macy-Conferences
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Sprecherin 1:
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Die Kybernetik ist eine Disziplin, die als Brücke zwischen den Wissenschaften außerordentlich
rasch Karriere machte. Durch die Vielseitigkeit ihrer Anwendungen sollte sie Eingang in nahezu
alle traditionellen Forschungsgebiete finden.
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Sprecher:
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Seit den Untersuchungen und Begriffsbestimmungen Wieners waren die Bestrebungen, den
Problemkreis der Kybernetik abzugrenzen, nicht abgerissen. Das neue Konzept wurde zwischen
1946 und 1953 Thema von zehn zukunftsweisenden Konferenzen in New York. Hier kamen
Psychiater, Physiker, Neurophysiologen, Mathematiker, Biologen, Anthropologen und Logiker
zusammen, um die neue wissenschaftliche Disziplin zu definieren. Das Ziel war insbesondere, eine
Sprache für die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu entwickeln.
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Sprecherin 1:
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Die Konferenzen wurden unterstützt von der Josiah Macy Jr. Foundation, einer privaten Stiftung aus
Manhattan. Die Macys waren die Eigentümer der Macys-Kaufhäuser und sehr reiche Leute. Sie
hatten eine Tochter, Kate, die als Kind an einer unbekannten Behinderung erkrankte. Sie hatte
Schwierigkeiten beim Gehen und brauchte bald einen Rollstuhl. Da die Ärzte dem Mädchen nicht
helfen konnten, riefen die vermögenden Eltern Forschungskonferenzen zusammen. Auf diesen
sogenannten Macy-Konferenzen fanden die Neurologen und Muskelforscher schließlich die
Ursache der Krankheit und heilten das Kind. Als Kates Vater starb und sie sein Geld erbte,
bestimmte sie, die Konferenzen regelmäßig stattfinden zu lassen.
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Sprecher:
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Kybernetik wurde zum Modewort. Es gab keine Tageszeitung mehr, in der nicht in irgendwelchen
Zusammenhängen die Rede von Input, Output oder Feedback war. Daß sich der Begriff Kybernetik
auf den Konferenzen etablierte, ist besonders auf Heinz von Foerster zurückzuführen. Der
Physiker aus Wien hatte mit seinem Buch Das Gedächtnis - eine quantenmechanische
Untersuchung die Aufmerksamkeit des Vorsitzenden der Macy-Konferenzen, Warren McCulloch,
geweckt. Dieser lud Heinz von Foerster 1949 nach New York ein.
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Sprecherin 2:
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Es war die sechste der Konferenzen, als Heinz von Foerster eintraf. Der in Amerika noch
unbekannte Physiker sollte dort über sein Buch sprechen. Er erinnert sich an die etwa 25 Personen,
die anwesend waren.
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Zitator:
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Von diesen 25 Leuten kannte ich fast alle Namen. Da war John von Neumann, dieses ungarische
Genie. Da war Margaret Mead, die Anthropologin, berühmt für ihre schönen Bücher. Da war
Gregory Bateson, ihr damaliger Mann, der mir durch seine Philosophie sehr bekannt war. Da war
Heinrich Klüver, ein Physiologe. Da war Lawrence Kubie, ein Psychoanalytiker. Dann war da Norbert
Wiener, der den Namen Kybernetik erfunden hat. Dann natürlich Warren McCulloch. Also die
Größen der amerikanischen Wissenschaft waren alle beisammen.
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Sprecher:
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Interdisziplinäre Zusammenarbeit war für viele der Gelehrten eine neue, inspirierende Erfahrung.
Auch Wiener schätzte diese Zusammenarbeit und war die dominante Figur der Konferenzen. Seine
führende Rolle bei den Meetings genoß er.
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O-Zitator:
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Sometimes he got up from his chair and in his ducklike fashion walked around and around the
circle of tables, cigar in hand, apparently unstoppable. He could be quite unaware of other people,
but he communicated his thoughts effectively and struck up friendships with a number of the
participants.
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Sprecher:
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Eine besondere Atmosphäre prägte die Gespräche zwischen den amerikanischen Wissenschaftlern
und ihren Kollegen aus Europa. Heinz von Foerster erinnert sich:
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Zitator:
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Die Atmosphäre war freundlich und von einer intensiven und furchtlosen Kreativität. Niemand
achtete auf Äußerlichkeiten und die Etikette... Was mich ergriffen hat, war die Begeisterung, mit
der man hier diskutierte und das noch Unfertige gemeinsam zu Ende dachte. Es gab eine kreative,
das Verbindende betonende Dynamik.
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Sprecherin 2:
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Heinz von Foerster sprach damals nur wenige Worte Englisch. Die deutschsprechenden
Konferenzteilnehmer halfen ihm, seine Gedanken zu übersetzen. Aufgrund dieser
Sprachschwierigkeiten wurde vorgeschlagen, von Foerster solle die Berichte der Macy-
Konferenzen herausgeben, dies würde sein Englisch schlagartig verbessern.
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Sprecher:
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Aber schon der Titel Circular Causal and Feedback Mechanisms in Biological and Social Systems
war für den jungen Wiener Physiker unaussprechbar. So schlug er vor, den Titel in Kybernetik
abzuändern, was alle Teilnehmer begeistert annahmen. Von Foerster erinnert sich:
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Zitator:
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|
Alles hat gelacht und applaudiert, und Norbert Wiener, der neben mir saß, hat, als er gesehen hat,
daß seine Kollegen seinen Titel Kybernetik akzeptiert haben, Tränen in die Augen bekommen, ist
aufgestanden und hat das Zimmer verlassen, weil er seine Rührung geheimhalten wollte.
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[Kleine Pause.]
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Sprecherin 1:
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Viele Jahre später wurde Heinz von Foerster in einem Interview gefragt, was denn das Wesen der
Kybernetik sei. Er sagte:
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Zitator:
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Ich meine, die Kybernetik hat eine Art des Denkens hervorgebracht, die in vielen Bereichen implizit
ist. Die Perspektive, die Art des Herangehens an eine Klasse von Problemen kennzeichnet die
Arbeiten zur Kybernetik. Das führt dazu, daß man Zusammenhänge sucht und nicht Unterschiede
herausstellt.
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Sprecherin 1:
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|
Heinz von Foerster gab insgesamt 5 Bände der Konferenzen heraus. Viele der vorgetragenen Ideen
wurden darin zum ersten Mal notiert. Er verstand es, die Dramaturgie der Meetings durch die
Aufzeichnung der Dialoge wiederzugeben.
Das gemeinsame Ziel jedoch, eine interdisziplinäre Sprache zu entwickeln, konnte nicht
verwirklicht werden. Wiener verließ nach dem achten Meeting die Konferenz, nach dem zehnten
Treffen 1953 wurden sie aufgelöst. Wieners Biograph Steve J. Heims schreibt, daß sich die
Teilnehmer nichts mehr zu sagen gehabt hätten.
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[Musik: Arvo Paert Spiegel im Spiegel einblenden, im nächsten Absatz stehenlassen.]
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Fünfte Szene: Epilog
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Sprecher:
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Die Pioniere der ersten Generation von Kybernetikern zählten zu den produktivsten und
bedeutendsten Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts:
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Zitator:
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Der Mathematiker John von Neumann arbeitete auf so verschiedenen Gebieten wie
Quantenmechanik, Computertechnik und Spieltheorie. Er starb 1957 in Washington.
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Sprecherin 1:
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Der Mathematiker, Logiker und Autodidakt Walter Pitts forschte viele Jahre auf dem Gebiet der
kognitiven Psychologie. Er beging 1969 Selbstmord.
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Sprecher:
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Warren McCulloch war einer der Gründerväter der Kybernetik. Seine Untersuchungen zur
Neurophysiologie begründeten die Theorie neuronaler Netze und beeinflußten die Automaten- und
Berechenbarkeitstheorie. Er starb 1969.
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O-Zitator:
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Lawrence Kubie arbeitete an einer kybernetisch orientierten Methode der Psychoanalyse. Er starb
1973.
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Sprecherin 2:
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Margaret Mead hatte über 40 Bücher zur Psychologie und Anthropologie veröffentlicht. Viele ihrer
Werke wurden Bestseller und gehören zu den Klassikern des 20. Jahrhunderts. Sie starb 1978 in
New York.
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Zitator:
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Heinrich Klüver forschte zum Verhalten von Tieren, war einer der ersten experimentellen
Psychologen und importierte die Gestalttheorie in die USA. Er starb 1979.
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Sprecherin 2:
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Gregory Batesons anthropologische Arbeiten inspirierten verschiedene psychotherapeutische
Methoden, darunter die Schule von Palo Alto und die systemische Familientherapie. Er starb 1980.
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O-Zitator:
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Claude Shannon arbeitete viele Jahre als Ingenieur, sammelte Schachautomaten und gilt als der
Begründer der Informationstheorie. Er starb 2001 im Alter von 84 Jahren.
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Sprecherin 1:
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Stafford Beer, der Begründer der kybernetischen Managementlehre, versuchte in den 70er Jahren,
Chile in einen kybernetischen Staat zu wandeln, um damit dort Frieden und Wohlstand zu stiften.
Er starb 2002.
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Sprecher:
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Heinz von Foerster war nicht nur Physiker, sondern auch Erfinder und Philosoph. Er starb 2002 im
Alter von 90 Jahren in Pescadero.
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[Musik schnell ausblenden.]
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Sprecherin 2:
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Norbert Wiener arbeitete nach Ende der Macy-Konferenzen weitere Jahre an kybernetischer
Forschung. Als philosophisch gebildeter Zeitkritiker schrieb er in seinem Buch The Human Use of
Human Beings 1950 über die auftretenden Probleme bei der Automatisierung der menschlichen
Gesellschaft. Er stellte ebenfalls umfangreiche philosophische, religiöse und ethische
Überlegungen zur zukünftigen Entwicklung der Kybernetik an. In seinem letzten Buch God and
Golem, Inc. setzt er sich kritisch mit der Frage auseinander, ob in Zukunft Maschinen ihre Erbauer
beherrschen werden. Auf die Frage eines Interviewers 1964, ob zukünftig Maschinen konstruiert
werden würden, die klüger als Menschen seien, antwortete er:
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O-Zitator:
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May I say, if the man isn't smarter than the machine, then it's just too bad. Because it takes
intelligence to know what to give to the machine. And in many cases the machine is used to buy
intelligence that isn't there. The computer is just as valuable as the man using it. It can allow him
to cover more ground in the same time. But he's got to have the ideas.
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Sprecher:
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Norbert Wiener starb mit 69 Jahren am 18. März 1964 in Stockholm an einem Herzinfarkt. Zwei
Monate zuvor hatte er für seine wissenschaftlichen Arbeiten im Weißen Haus von Präsident
Johnson die National Medal of Science erhalten. Bis zu seinem Lebensende war ein aktiver
Mathematiker geblieben, obwohl er feststellte:
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Zitator:
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Die Mathematik ist weitgehend ein Betätigungsfeld für junge Menschen, eine Athletik des
Intellekts, die Anforderungen stellt, denen nur Kraft und Jugend völlig gewachsen sind.
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Sprecherin 2:
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Der Präsident des MIT, Julius A. Stratton, schrieb im Nachruf über den Wissenschaftler und
Individualisten Norbert Wiener:
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O-Zitator:
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We respected him not alone for his productive and creative mind but equally for his warmth of
understanding and for his humanity.
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Sprecherin 1:
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Die Kybernetik stellt den einzigen nennenswerten Versuch des 20. Jahrhunderts dar, eine
methodische Metawissenschaft zu etablieren, in der die Trennung zwischen den Geistes- und
Naturwissenschaften aufgehoben ist. Kybernetisches Gedankengut findet sich heute in vielen
Wissenschaftsbereichen. Im RIAS-Berlin sagte Wiener 1963 in einem Vortrag über "Beginn und
Aufstieg der Kybernetik":
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Zitator:
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Die Kybernetik ist ein neues und vielseitiges Gebiet, und wenn ein neuer wissenschaftlicher Zweig
wirklich lebendig ist, muß und soll sich der Schwerpunkt des Interesses im Laufe der Jahre
verschieben. Vieles, was wir von unserem neuen Gebiet vor 15 Jahren zu erhoffen wagten, hat sich
erfüllt. Man wird in diesem Gebiet wohl eher eine Denkweise als einen Sammelpunkt von Dogmen
sehen müssen.
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Sprecherin 2:
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Ein langjähriger Freund aus Jugendtagen wurde in einem Interview gefragt, welche Qualitäten er
an Norbert Wiener am meisten schätzte. Seine Antwort war:
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O-Zitator:
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I would say his courage and his sensitivity. He was a man of enormous scientific vitality which the
years did not seem to diminish, but this was complemented by extreme sensitivity; he saw and felt
things for which most of us were blind and unfeeling. He just saw further than the rest of us.
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[Musik: Massive Attack Heat Miser einblenden, stehenlassen.]
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[Musik Ende.]
[Abspann.]
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